Am 1. Juli 2019 – 125 Jahre Bahnstrecke Swinemünde – Heringsdorf
Beginn und Streckenverlauf
In diesen Tagen begeht die Eisenbahnstrecke Swinemünde – Ahlbeck – Heringsdorf ihr 125-jähriges Jubiläum. Wie kaum eine andere Strecke hat sie eine außerordentlich wechselvolle Geschichte erlebt. Die Strecke wurde am 10. Mai 1890 genehmigt und 600.000 Mark für den Bau sowie die benötigten Fahrzeuge bereitgestellt, aber die Bauarbeiten kamen erst 1893 in Gang. Am 1. Juli 1894 wurde die eingleisige „Nebeneisenbahn“ von Swinemünde nach Heringsdorf eröffnet. Sie stellte eine Verlängerung der 1876 bis Swinemünde eröffneten Hauptbahn dar und nun konnten die bereits zuvor zahlreich besuchten Badeorte Ahlbeck und Heringsdorf mit dem Zug von Berlin über Ducherow und Swinemünde erreicht werden. Die neue Strecke begann am Swinemünder Hauptbahnhof.
Nach dem Schrankenposten über die Große Kirchenstraße wurde das Stadtzentrum in einem S-Bogen umfahren und nach kurzer Fahrt die Station Swinemünde Bad erreicht. Von hier aus war es nur noch ein kurzer Weg zu den Hotels und Pensionen des Seebads.
Die Strecke führte von Swinemünde Bad parallel zur Chaussee weiter zur Haltstelle Ahlbeck und nach 7,67 km wurde der neue Endbahnhof Heringsdorf erreicht.
Wechselvolle Bedeutung der Strecke
Die Bahnhöfe Ahlbeck und Heringsdorf dienten von Anfang an dem Personen- und Güterverkehr. Angeliefert wurde alles, was die Einwohner und Badegäste brauchten – Milch, Butter, Margarine, Käse, Eier, Honig, frisches Obst und Gemüse, Kartoffeln, Fleisch und Wurst, Bier und Obstsäfte von der Insel Usedom, der Pommerschen Umgebung, aus Stettin, dem benachbarten Mecklenburg oder Berlin. Weite Wege legten Schokoladen aus der Schweiz, Kaffee aus Hamburg, Zigarren aus Leipzig oder Fische (!) aus Altona, Bremen und Königsberg zurück. Leicht Verderbliches wurde als „Eilgut“ und gut gekühlt bevorzugt befördert. Güterwagen brachten Kohlen, Baumaterial aller Art, Tapeten aus Marburg und Möbel aus Berlin. Leere Milchkannen, Fässer, Körbe und Kisten wurden damals selbstverständlich wiederverwendet und an den Absender zurückgesandt.
Wegen des beständigen Anwachsens des Verkehrs erhielt die Bahnstrecke von Swinemünde bis Heringsdorf 1908 ein 2. Gleis, das nun von Berlin Stettiner Bahnhof bis Heringsdorf führte. Zu dieser Zeit fuhren in der Badesaison 11 Personenzüge und bereits 3 Schnellzüge Berlin – Heringsdorf mit Halten in Swinemünde Hauptbahnhof, am Bad-Bahnhof und in Ahlbeck. Die Schnellzüge hatten Wagen 1.-3. Klasse und sogar Speisewagen. Das Gepäck für den Badeaufenthalt wurde in großen Koffern, Reisekörben oder Kisten vorgeschickt. In den Bahnhöfen der Seebäder türmte sich das Gepäck, bevor es mit Pferdefuhrwerken oder Handkarren zu den Villen und Pensionen geschafft wurde.
Der Bahnhof Heringsdorf blieb für 17 Jahre Endpunkt, bis am 1. Juni 1911 die Streckenverlängerung Heringsdorf – Zinnowitz – Wolgaster Fähre eröffnet wurde. Der Bäderverkehr hatte seine Blütezeit bis in die 1930er Jahre, als Eilzüge mit modernem Wagenpark für ein breites Publikum auf die Insel fuhren. Nach dem 2. Weltkrieg blieb von der einstigen Eisenbahnverbindung Berlin – Ducherow – Swinemünde – Heringsdorf nur noch der kurze Streckenabschnitt Ahlbeck – Heringsdorf erhalten. Die „Inselbahn“ fuhr zwischen Ahlbeck und Wolgaster Fähre. Der Ansturm der Sommerurlauber und Kurgäste war beachtlich. Dampfbespannte Personenzüge fuhren bis 1974 mit bis zu 14 Wagen über die Insel.
Neue Perspektiven
Mit der UBB bekam die Eisenbahn auf der Insel Usedom ab 1995 eine neue Perspektive und schnell rückte die frühere Strecke Ahlbeck – Swinemünde in den Blick. Am 8. Juni 1997 wurde der Streckenabschnitt bis Ahlbeck Grenze wieder in Betrieb genommen. Für die Verlängerung der Bahnstrecke von Ahlbeck Grenze nach ?winouj?cie brauchte es einen längeren Atem. Am 20. September 2008 konnte der neue Streckenabschnitt eingeweiht werden. Der Bahnhof ?winouj?cie Centrum befindet sich auf der alten Bahntrasse an der Straßenkreuzung Listopada / Wojska Polskiego, ganz in der Nähe der früheren Station Swinemünde Bad. Heute – 125 Jahre nach der ersten Eröffnung – nutzen ca. 500.000 Fahrgäste im Jahr die wieder entstandene moderne Bahnverbindung.